Wie entsteht echte Verbindung?
- Antje Homfeldt

- 14. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 25. Okt.
Ein Wort, das wir oft benutzen – aber selten wirklich verstehen
„Verbindung“ klingt warm, vertraut, schön. Wir sehnen uns danach – in Beziehungen, im Kontakt mit Tieren, in der Arbeit mit Menschen. Doch was bedeutet Verbindung wirklich? Und warum fällt sie uns oft so schwer?
Ist es Nähe? Ist es Harmonie? Oder ist es etwas Tieferes – ein stilles Einverständnis, das ohne Worte auskommt?

Verbindung beginnt nicht im Außen – sondern in dir
Echte Verbindung entsteht nicht durch das, was du tust, sondern durch das, was du in diesem Moment bist. Sie beginnt, wenn du dich selbst spürst – und bereit bist, dich zu zeigen. Sie wird möglich wenn du dem Gegenüber ohne Druck und ohne Erwartungen begegnest, wenn du präsent bist, ohne zu kontrollieren, wenn du in dir ein Gefühl von Ruhe und Vertrauen spürst. Nur dann kann dein Gegenüber – ob Mensch oder Tier – sich wirklich sicher fühlen mit dir. Verbindung braucht keine perfekte Kommunikation. Sie braucht Sicherheit im Sein.
Warum fällt uns Verbindung oft so schwer?
Unsere Fähigkeit zur Verbindung ist kein Talent – sie ist ein Ergebnis unserer Geschichte. So wie wir frühe Bindungen erlebt haben, so werden wir unsere Verbindungen gestalten.
Wenn wir in unserer Kindheit gelernt haben, dass Nähe uns verletzen kann, dass wir uns anpassen müssen, um geliebt zu werden, oder dass unsere Gefühle zu viel sind, dann entwickeln wir Strategien, die uns helfen, die Verbindung zu unseren Bezugspersonen zu erhalten. Aber sie sorgen auch dafür, dass wir immer weniger wir selbst sind - bis heute. Stattdessen sind wir meist unter Druck.
In der Arbeit mit inneren Anteilen nennen wir diese Anteile Manager: die Helfer, Perfektionisten, Organisatoren, Antreiber und Kritiker in uns. Sie waren einmal sehr hilfreich, als wir um unsere wichtigsten Bindungen kämpfen mussten. Aber heute verhindern sie oft echte Begegnung - weil sie nicht wir selbst sind.
Wir kontrollieren, statt zu vertrauen.
Wir haben Erwartungen, statt Sicherheit zu schenken.
Wir leisten, statt zu fühlen.
Wir ziehen uns zurück, statt uns zu zeigen.
Diese Muster sind nicht falsch – sie waren einmal notwendig. Aber sie stehen uns heute im Weg, wenn wir Verbindung suchen.
Verbindung ist ein Spiegel
In der Arbeit mit Hunden zeigt sich das besonders deutlich: Ein Hund verbindet sich nicht mit dem, was du sagst – sondern mit dem, was du ausstrahlst.
Bist du innerlich ruhig, wird er ruhig.
Bist du innerlich klar, wird er folgen.
Bist du angespannt, wird er darauf reagieren.
Verbindung ist also kein Ziel, das du erreichst – sondern ein Zustand, den du zulässt.
Kontrolle, Dressur oder echte Verbindung?
Viele Methoden im Umgang mit Hunden – und auch mit Menschen – basieren auf Kontrolle oder Manipulation. Sie funktionieren über äußere Reize: Kommandos, Belohnungen, Konsequenzen. Der Hund lernt, was sich „lohnt“ – Die Beziehung wird zur Transaktion.
Doch echte Verbindung entsteht nicht durch Konditionierung. Sie entsteht durch Vertrauen und Sicherheit. Schaffen wir es unserem Hund in jedem Moment und vor allem dann, wenn er selbst gestresst ist, Sicherheit zu schenken, werden wir für ihn zum sicheren Hafen. Aus dieser Erfahrung entsteht ganz von selbst, das was wir uns am meisten wünschen: eine bedingungslose und auf Vertrauen gebaute sichere Bindung.
Dressur fragt: „Wie bringe ich ihn dazu?“ Verbindung sagt: Ich sehe dich, du bist bei mir sicher. “
Die Grenzen der Konditionierung
Konditionierung kann Verhalten formen – aber keine Beziehung schaffen. Sie ist ein Werkzeug, kein Fundament. Und sie hat klare Grenzen.
Negative Folgen:
Verlust von Selbstregulation Der Hund reagiert auf Reize, statt zu lernen seine Emotionen zu beruhigen.
Beziehung wird zur Transaktion Nähe entsteht nicht aus Vertrauen, sondern aus Erwartung.
Emotionen werden übergangen Verhalten verändert sich – Gefühle bleiben unberührt. Sie wirken aus dem Untergrung.
Kurzfristige Wirkung, langfristige Instabilität Gelerntes Verhalten bricht unter Stress oft zusammen.
Begrenzung innerer Entwicklung Der Hund funktioniert – aber wächst nicht.
Bereich | Konditionierung möglich? | Verbindung nötig? |
Sitz, Platz, Rückruf | ✅ Ja | 🔸 Unterstützend |
Stressregulation | 🚫 Nein | ✅ Unbedingt |
Bindung & Vertrauen | 🚫 Nein | ✅ Unbedingt |
Selbstständigkeit | 🚫 Nein | ✅ Unbedingt |
Konfliktverhalten | 🔸 Teilweise | ✅ Unbedingt |
Ruhe & Entspannung | 🚫 Nein | ✅ Unbedingt |

Wie kannst du Verbindung fördern?
Hier sind fünf Impulse, die du in deinen Alltag integrieren kannst:
Spüre dich selbst, bevor du in Kontakt gehst. Atme. Nimm wahr, wie du dich fühlst. Ohne Bewertung.
Begegne deinem Gegenüber ohne Agenda. Nicht um etwas zu erreichen – sondern um einfach da zu sein.
Nutze Körpersprache statt Worte. Präsenz, Haltung, Bewegung und Blick, das ist die Sprache der Hunde. Zeig deinem Hund, dass du ihn verstehen und mit ihm in Kommunikation gehen möchtest.
Beruhige deine inneren Anteile. Wenn du Unruhe, Ungeduld oder Angst wahrnimmst, erkenne das Gefühl in dir an als Teil, dem du begegnen kannst. Sprich innerlich mit dem Teil. Sag: „Ich sehe dich. Du darfst dich ausruhen.“
Lass Raum. Verbindung braucht keine ständige Nähe. Sie wächst in der Freiheit, sich zu nähern. Lerne auch für dich und deinen Raum aufzutreten.
Abschlussimpuls
Verbindung entsteht, wenn du dich selbst nicht verlässt. Wenn du bei dir bleibst – ruhig, klar, offen – wird dein Gegenüber dich finden. Nicht weil du rufst, sondern weil du da bist.
Quellen: vgl. Richard Schwartz, "Das System der inneren Familie"; Verena König: "Trauma und Beziehungen"; Meike Maja Nowak: "Der Hund als Spiegel"; www.starke-gedanken.de;



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