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  • AutorenbildAntje Homfeldt

Der Hund als Spiegel

Aktualisiert: 12. Sept. 2023

Hunde spiegeln uns, das liest man häufig. Es gibt äußerlich und im Wesen auffällig viele Gemeinsamkeiten zwischen Hund und Herrchen oder Frauchen. Ich denke vieles lässt sich mit Spiegelneuronen und Nachahmungsverhalten erklären. Immerhin leben Hunde mit uns sehr eng zusammen, beobachten uns den ganzen Tag und übernehmen ganz automatisch einige unserer Gewohnheiten.

Wenn ich sehr gestresst von der Arbeit nach Hause komme und muss dann noch eben schnell mit dem Hund raus, kann es passieren, dass sich meine Ungeduld überträgt, vielleicht bemerkt mein Hund aber auch, dass ich mich durch das hohe Tempo langfristig selbst gefährde und macht extra langsam und blockiert. In einer Hundegruppe wäre dies gar nicht ungewöhnlich.


Vielleicht reagiere ich nicht so offen auf andere Menschen, vielleicht lehne ich sie in ihrem Verhalten schnell ab. Mancher wundert sich, wie sein Hund das bemerken konnte und nun in ein ähnliches Horn bläst und den Nachbarn oder Passanten verbellt.


Hunde, die in uns eine große Unsicherheit spüren, werden entweder selbst unsicher und ängstlich oder womöglich versuchen sie besonders mutig zu sein und uns damit Sicherheit zu geben. Es kann auch sein, dass sie proaktiv bekämpfen, was uns Angst macht. Je nach Charakter des Hundes, wird er mit dem, was er von uns wahrnimmt, anders umgehen.


Wichtig ist, dass Hunde das niemals aus böser Absicht machen, sie beobachten und spüren und versuchen für unsere Gemeinschaft mit ihren Möglichkeiten einzustehen. Viele Hunde sind sogar dauerhaft gezwungen Führung zu übernehmen, weil ihre Menschen nicht gelernt haben sich abzugrenzen oder für sich einzustehen.


Wenn mir ein bestimmtes Verhalten bei meinem Hund so gar nicht gefällt, kann ich mich fragen: Wo bin ich das auch und gestehe es mir nicht ein? Oder wo darf ich selbst nicht so sein, wo erlaube ich mir dies Verhalten selbst nicht? Denn, was in mir nicht sein darf, darf auch im Anderen nicht sein.


Leinenaggression als Hinweis

Ich möchte dir hier an einem Beispiel erklären, wie wir das Verhalten des Hundes als Spiegel nutzen können. Den Spiegel, den wir dann besonders wahrnehmen, wenn uns etwas am Anderen stört, wir davon getriggert sind, wir das abstellen wollen. Ganz typisch wäre das Verhalten des Hundes an der Leine, die sogenannte Leinenaggression.


Leinenaggression ist aus Sicht des Hundes erst einmal völlig normal. Einer oder beide beanspruchen ihr Territorium, keiner weicht von seinem Standpunkt ab - da gibt es einen Konflikt. Vielleicht ist einer oder beide mit dem Überschreiten der Individualdistanz frustriert - auch hier könnte er als eine Möglichkeit das Vertreiben des fremden Artgenossen in Betracht ziehen. Oft ist dies ja eine sehr effiziente Möglichkeit, vielleicht aus Sicht des Hundes sogar die einzige. Wir empfinden dies jedoch als unglaublich störend.


Der eine oder andere wird sicher schon einmal Schreien als geeignetes Mittel gewählt haben, wenn eine Situation als sehr überfordernd wahrgenommen wurde - da reicht oft eine kleine Spinne an der Wand. Wenn du jetzt dieses Thema mit der Spinne oder ein ähnliches hast, dann frag dich doch mal, was dir helfen würde. Stell dir doch mal vor , da wäre jemand bei dir. Was würdest du dir wünschen, wie er sich verhält? Was könnte dafür sorgen, dass du in Zukunft mit deinem Spinnenthema gelassener umgehen kannst? Wahrscheinlich stimmst du mir zu, wenn ich sage, du bräuchtest jemanden, der dir signalisiert, dass du sicher bist und dass er mit der Situation gut umgehen kann. Du könntest über seine Sicherheit selbst wieder ruhiger werden, und vielleicht wäre es dann sinnvoll, dass er dich möglicherweise Schritt für Schritt etwas mehr mit Spinnen konfrontiert, ohne dich zu überfordern. Langfristig könntest du damit deine fehlenden oder negativen Erfahrungen oder Aversionen durch positivere ersetzen. Und selbst wenn du auch in Zukunft keine Spinnen auf deinem Arm duldest, müsstest du vielleicht nicht mehr schreien, wenn du solch ein kleines Krabbeltier an einer Wand sähest.


Und jetzt stell dir doch mal vor, dein Partner würde in dieser Situation kein Verständnis aufbringen können, dich womöglich anschreien, selbst erstarren, dir ein Bonbon vor die Nase halten, von dir verlangen, dass du dich auf den Boden legst oder dich vor Verzweiflung mit Wasser bespritzen (letztere aus dem Hundetraining, ihr habt es bemerkt:-)). All diese Dinge würden deine Beziehung zu Spinnentieren eher nicht verbessern, richtig? Stattdessen würdest du womöglich an der Integrität deines Freundes zweifeln.


Was könnte dazu führen, dass wir in der Situation mit unserem Hund auf ähnliche Weise reagieren? Wir sind getriggert. Etwas an dem Verhalten unseres Hundes in diesem Moment bewirkt, dass wir in Not sind. Wir fühlen und verhalten uns im Grunde wieder wie früher, als wir noch klein waren, als wir Angst vor Strafe hatten oder davor abgelehnt und nicht geliebt zu werden. Manche geraten in Not, weil sie Angst davor haben, dass etwas schlimmes passiert mit ihrem oder dem anderen Hund. Für jeden von uns sind die Gründe individuell und vollkommen nachvollziehbar, wenn man die unverdauten Erfahrungen ins Bewusstsein holt. Eine Ältere Dame erzählte mir, dass sie sich in einem Busch versteckt, wenn ein anderer Hund entgegen kommt, aus Angst, dass ihr Hund bellt. Dass sie sich mit 62 Jahren in einem Busch verstecken muss und diese Situation als so überwältigend erlebt, zeigt, wie übermächtig die frühen Erfahrungen in unserem Leben sind.


Als Kind erleben wir unglaublich schnell Überwältigung. Und weil es eben sehr schnell geht, braucht es nicht immer DAS traumatische Erlebnis oder DIE schlimmen Eltern und oft sind uns diese Ereignisse gar nicht mehr bewusst, aber sie wirken in der Gegenwart. Als Kind versuchen wir uns mit kindlichen Strategien zu schützen. Diese Strategien sind für Kinder sehr wichtig und äußerst hilfreich, machen uns heute jedoch oft Schwierigkeiten und trennen uns vom lebendig sein. Unsere Hunde bringen uns genau hier mit uns in Kontakt.


Bleiben wir in der Abwehrhaltung im Außen, werden wir versuchen dem Hund das Verhalten abzutrainieren oder es abzuwehren, dabei bleibt der Anteil vorn, der in Not ist, was dazu führt, dass die Situation sich für den Hund und für uns selten verbessert, manchmal sogar verschlimmert. Oft entsteht ein Frust darüber, dass alles Versuchte und mühsam Trainierte nicht fruchtet oder der Glauben, dass uns unser Hund vermeintlich extra vorführt. Vielleicht meiden wir alle kritischen Situationen großräumig und gehen nur noch bei Regen spazieren. Oder wir gehen in die Selbstverurteilung und meinen, dass wir einfach zu blöd sind oder schlicht der falsche Besitzer für den Hund.


Dem ist nicht so. Wichtig ist, dass unser Hund nur mit dem Teil in uns kommunizieren kann, der in diesem Moment führt und das sind nicht wirklich wir. Es sind im Grunde erschrockene und hilflose Kinder, Teile in uns, die versuchen alles gut zu machen, aber es einfach nicht schaffen können. Selbst wenn wir so tun, als wären wir gelassen und ruhig, wir können unserem Hund nichts vormachen. Sie spüren noch vor uns, dass wir Cortisol und Adrenalin ausschütten, dass unser Körper sich zusammenzieht, wir die Luft anhalten und die Mundwinkel zusammenkneifen. Sie spüren es und reagieren. Und jetzt haben nicht nur sie selbst ein Thema, sondern wir gemeinsam.



Hinsehen, Fühlen, Verstehen


Wenn wir jedoch bereit sind herauszufinden, was genau dahinter steckt, den Blick nach innen wagen und uns diesen jungen Anteilen zuwenden, dann können wir alte Muster und Glaubenssätze wandeln und unsere Wunden heilen. Und erst dann, können wir unserem Hund auch in schwierigen Situationen der Partner sein, den er braucht. Wenn uns die Situation nicht mehr in Not bringt, können wir unserem Hund aus unserer eigenen Gelassenheit heraus Sicherheit geben, ihm durch die Situation helfen und wo nötig auch Grenzen setzen, ohne in den Kampf zu ziehen. Und hier liegt für uns das Potential. Denn wenn wir den Hund als Spiegel nutzen für unsere eigenen Themen, ist echtes Wachstum möglich - für uns und unseren Hund.


Geeignet hierfür ist die Arbeit mit inneren Anteilen (z.B. IFS) oder mit dem inneren Kind, Meditationen, körpernahe Traumatherapie, Klopftherapie/ EFT, Aufstellungsarbeit und vieles mehr. Sprich mich gern an, wenn du für dich bemerkst, dass du immer wieder scheiterst, dich selbst verurteilst oder einfach Lust an Wachstum und Entwicklung hast. Ich gehe gern ein Stück mit dir.



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