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Balljunkie - Im Rausch der Jagd

  • Autorenbild: Antje Homfeldt
    Antje Homfeldt
  • 1. Apr. 2021
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 15. Juli


Warum Auslastung nicht immer das ist, was dein Hund wirklich braucht


Unsere Tage sind kurz. Schnell noch mit dem Hund raus. Das schlechte Gewissen nagt: „Werde ich ihm überhaupt gerecht?“ "Aber er hat ja seinen Ball. So kann ich ihn zumindest auslasten – und er hat ja solchen Spaß dabei."

So oder so ähnlich denken viele Menschen. Ein Blick in die Tierhandlung oder auf Social Media bestätigt: Hunde müssen „ausgepowert“ werden. Doch was passiert eigentlich, wenn wir das Hetzen zur täglichen Routine machen?


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Die Jagd – ein biologischer Rausch


Das Hetzen einer Beute – sei es ein Reh oder ein Ball – ist Teil des natürlichen Jagdverhaltens. Es wirkt selbstbelohnend, unabhängig vom Erfolg. Das ist überlebenswichtig: Ein Jäger, der nach Misserfolgen aufgibt, würde verhungern.

Doch wilde Caniden jagen nur selten. Im Schnitt ein- bis zweimal pro Woche. Den Rest der Zeit verbringen sie mit Schlafen, Dösen und dem Aufspüren kleinerer Beute wie Mäusen. Energie wird nicht verschwendet – das ist klug und hormonell gesteuert.

vgl. Hallgren 2017


Was passiert im Körper bei der Jagd?

Folgen der Sucht


  • Das Stresshormon Cortisol bleibt bis zu 48 Stunden im Körper – tägliches Ballspiel bedeutet Dauerstress.

  • Der Hund wird unruhig, fiept, winselt, kommt kaum zur Ruhe.

  • Erste Aggressionsprobleme können auftreten: Fixieren, Anbellen, Rempeln.

  • Sozialkontakte verlieren an Bedeutung – der Ball wird zum Lebensmittelpunkt-zur Not verteidigt.

  • Körperliche Schäden entstehen durch abrupte Bewegungen: Gelenke, Wirbelsäule, Muskulatur leiden.

  • Der Mensch wird zur anonymen Wurfschleuder degradiert.


Falls du denkst, du konntest deine Beziehung über einen Ball verbessern, versuche einmal folgendes:: Gib den Ball einer fremden Person. Was passiert? Wird dein Hund ihr genauso fixiert folgen wie dir?


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Einmal Junkie – immer Junkie?


Besonders gefährdet sind:

  • Hütehunde und Jagdhunde

  • Energiegeladene, expressive Hunde

Weniger anfällig:

  • Ruhige, phlegmatische Hunde

Aber: Das Rad lässt sich nicht zurückdrehen. Wer einmal süchtig ist, wird beim nächsten Ballwurf sofort rückfällig.



Was tun, wenn das Kind schon im Brunnen liegt?


  • Reduktion der Wurfspiele - am besten zu 100%, max. 2-3 mal die Woche für wenige Minuten werfen (unabhängig mit was)

  • Ball verstecken anstatt ihn zu werfen.

  • Ball bei sich tragen, ohne ihn zu werfen. Entspannt bleiben, wenn der Hund empört ist. Er wird sich nach und nach mehr entspannen. Das braucht Zeit.

  • Werfen ohne Freigabe, um die Resilienz zu fördern.

  • Verbindung leben - frei von Erwartungen im Hier und Jetzt

  • Entspannung fördern:

    • Lange Spaziergänge in ruhiger Umgebung

    • sich intensiv mit der Natur beschäftigen

    • Ruhe aushalten lernen

    • Meditieren / Yoga - wirkt durch Co-Regulation des Nervensystems


Snnvolle Beschäftigungen: Suchen statt Jagen


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Die Suche nach einem Futterbeutel oder anderen Gegenständen ist:

  • Konzentrationsfördernd

  • Bindungsstärkend

  • Ruhig und sinnvoll


Weitere Alternativen zur Beschäftigung

  • Schnüffelteppiche

  • Trümmerfeld erkunden (Gegenstände unter denen du Leckerchen versteckst)

  • Hindernissparkur

  • Massage und Körperarbeit

  • Ausflüge, bei denen ihr ungewöhnliche Dinge kennenlernt: Bootsfahrt, Wildpark, Zelten, Bimmelbahn, Hundegeschäft


Aber Achtung: auch hier gilt weniger ist mehr.


Vergleich: Jagdverhalten vs. Suchen

Merkmal

Jagdverhalten (Ballspiel)

Suchen (z.B. Futterbeutel)

Neurochemie

Dopaminrausch, Adrenalin

Serotonin, Konzentration

Stresslevel

Hoch

Niedrig bis moderat

Bindungsfördernd

Kaum

Hoch

Selbstkontrolle

Gering

Hoch

Gesundheitsrisiken

Hoch

Gering


Coaching-Impulse für Hundehalter

  • Beobachte: Ist dein Hund oft nervös oder fixiert?

  • Wie sieht eure gemeinsame Zeit aus – bist du aktiv Teil seiner Welt?

  • Kann dein Hund Ruhe aushalten?

  • Was passiert, wenn du den Ball nicht wirfst?


„Nicht der Ball macht den Hund glücklich, sondern die Beziehung zu seinem Menschen.“

Die meisten Hunde sind heute überreizt. Statt noch mehr Action braucht es oft weniger Reize, mehr Ruhe und echte Verbindung. Der Ausstieg aus dem Auslastungs-Hamsterrad lohnt sich – für dich und deinen Hund.


Quellen:

Hallgren, A. (2017): Stress, Angst und Aggression bei Hunden. Cadmod Verlag

O'Heare, J. (2017): Die Neuropsychologie des Hundes. Animal Learn Verlag


 
 
 

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